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Wirkungen von physischer und psychischer Folter

Körperliche und seelische Foltermethoden im Überblick

Foltermethoden unter dem Schah, die ich selbst erlitten habe:

a) physische Folter:

  1. Faustschläge und Tritte.
  2. (paaskaari): das Opfer wird wie ein Sandsack zwischen zwei Folterern hin und her geboxt. Bei dieser Folter wurde mir das Kiefergelenk gebrochen. Da die Verletzung nicht richtig behandelt wurde, passiert es mir beim Essen sehr oft, dass die Zunge zwischen die Zähne gerät und ich sie blutig beiße. Meine Lippen sind stellenweise taub geworden, so dass ich bis heute dort fast kein Empfinden habe.
  3. Ich wurde auf ein Folterbett gefesselt und an den Füßen mit einem Stromkabel ausgepeitscht.
  4. Während ich auf dem Folterbett gefesselt war, wurde mir heißes Wachs auf die Muskeln am linken Oberarm getropft, insgesamt 17 Tropfen.
  5. Die Finger an der rechten Hand wurden mir gebrochen, ich wurde am ganzen Körper ausgepeitscht.
  6. Der Knöchel am linken Fuß wurde mit einem Schlag gebrochen.
  7. Schlafentzug.
  8. Ich wurde mit den Händen an der Wand aufgehängt, verhört und dabei ausgepeitscht.

b) psychische Folter:

  1. Verwendung von Schimpfwörtern, die die Würde meiner Frau verletzten.
  2. Ständige Drohung, dass sie meine Eltern und Kinder verhaften und foltern würden.
  3. Folterung von Mitgefangenen vor meinen Augen, um mich zum Aussagen zu zwingen.
  4. Einzelhaft.
  5. Die Folterer lasen mir die angeblichen Geständnisse von anderen Gefangenen vor, die mit mir zusammen verhaftet worden waren.

Foltermethoden unter Chomeini, die ich selbst erlitten habe:

a) physische Folter:

  1. Ich musste mein Gesicht direkt über einen elektrischen Grill halten. Sobald ich mich zurückziehen wollte, bekam ich schläge.
  2. Faustschläge und Tritte.
  3. Fesselung ans Folterbett und Auspeitschen am ganzen Körper.
  4. Fesselung ans Folterbett und Auspeitschung der Fußsohlen.
  5. Schlafentzug.
  6. Dastband-e Qapani: Die Hände werden diagonal auf dem Rücken gefesselt.
  7. Ich musste aufrecht stehen, dabei wurde eine Hand oder zwei an die Wand gefesselt. Das dauerte 12 Stunden, einen Tag oder zwei Tage lang. Allmählich schwollen dann die Beine an, was starke Schmerzen bereitete.
  8. Ich wurde mit den Händen an der Wand aufgehängt.
  9. Ausdrücken von Zigaretten auf dem Unterleib.
  10. Folter mit kalten Wassertropfen. Im Keller war eine Duschnische eingerichtet worden, in die man sich stellen musste. Dann wurde die Eisentür verschlossen. Von oben tropften ständig dicke, kalte Wassertropfen, denen man nicht ausweichen konnte. Auch wenn man krank war, wurde dies gemacht.
  11. Ich wurde mit dem Bauch auf ein besonderes Bett gefesselt, aus dem die mittleren Latten herausgezogen wurden, so dass der Körper durchhing. Dann traten sie mir mit dem Stiefel fest in den Rücken, was bleibende Schäden an der Wirbelsäule hinterließ. Manche waren danach querschnittsgelähmt, die wenigsten überlebten dieses Bett nach dem zehnten Mal. Ich konnte nach dieser Folter kaum gehen, musste deshalb auch in Deutschland behandelt werden und muss bis heute regelmäßig im Thermalbad schwimmen, um die Wirbelsäule zu entlasten.

b) psychische Folter:

  1. Sie drohten, meine Frau und meine Kinder, meinen Vater und meine Geschwister zu verhaften.
  2. Wir wurden gezwungen, stundenlang vor der Tür der Folterkammer zu warten.
  3. Wir wurden gezwungen, stundenlang mit verbundenen Augen vor dem Verhörraum zu warten.
  4. Einzelhaft. Von dort wurde ich weder zum Duschen noch zur Toilette gebracht.
  5. Scheinhinrichtungen.
  6. Inhaftierung in Zellen nahe der Hinrichtungsstätte. Dann hörte man nach Mitternacht, wie die Mitgefangenen erschossen wurden.
  7. Wir wurden zwangsweise in die Gefängnismoschee abgeführt und gezwungen zu beten.
  8. Wir wurden gezwungen, die Hingerichteten und Gehenkten anzuschauen.
  9. Wir wurden gezwungen, die Geständnisse der sogenannten Reuigen anzuhören.
  10. Wir wurden gezwungen, das Fernsehprogramm mit religiöser Propaganda anzuschauen.

Die Wirkung und die Folgen der Folter aus der Schahzeit

a. Physische Folgen

  1. Beim Essen kommt mir die Zunge immer wieder zwischen die Zähne, so dass ich sie blutig beiße.
  2. Die Unterlippe der linken Hälfte ist taub, so dass ich dort nichts spüre. Früher war das noch viel stärker.
  3. Ständige Kieferschmerzen.
  4. Schmerzen an den Fußsohlen beim Gehen.

b. Psychische Folgen

  1. Ich sehe die Verhörszenen immer wieder im Traum.
  2. Ich werde im Traum immer wieder festgenommen, gefoltert und in Haft gehalten.

Die Wirkung und die Folgen der Folter aus der Zeit Chomeinis:

a – Physische Folgen/Körperliche Folgen:

  1. Ständige Schmerzen in den Füßen, besonders am linken Bein.
  2. Ständige Schmerzen in beiden Händen.
  3. Ständige Schmerzen im Rücken, besonders in der Wirbelsäule.
  4. Schädigung der Rückenwirbel.
  5. Ich war zeitweilig überhaupt nicht in der Lage zu gehen.
  6. Ich konnte zeitweilig auch nicht stehen.

b Psychische Folgen

  1. Ich werde im Traum immer wieder festgenommen, gefoltert und in Haft gehalten.
  2. Hinrichtung im Traum.
  3. Ich habe Angst vor den Farben mancher Kleidungsstücke, die der Uniform der Revolutionswächter (Pasdaran) entsprechen.
  4. Angst vor japanischen Streifenwagen, die das typische Dienstfahrzeug der Pasdaran und des iranischen Geheimdienstes darstellen.
  5. Besonders in den ersten Jahren in Deutschland war es für mich so, dass ich zwar körperlich hier war, aber noch immer das Gefühl hatte, im Gefängnis zu sein.
  6. Es ist mir mehrfach passiert, dass mir Bekannte entgegenkamen und mich sogar grüßten, ohne dass ich sie überhaupt wahrnahm.
  7. Angst vor kleinen Räumen und geschlossenen Türen.
  8. Angst vor der Enge des Fahrstuhls.
  9. Angst vor der eigenen Wohnung, die nur eine Tür hat, so dass es keinen zweiten Fluchtweg gibt.
  10. Angst vor Menschen, die Turbane und Bärte tragen.

Jetzige Lage und Entwicklungsprozess

  1. Bevor ich nach Deutschland kam, war ich körperlich und seelisch krank.
  2. Auf dem Flughafen Frankfurt konnte ich nicht einmal zu Fuß gehen.
  3. Angesichts meiner schlechten Verfassung hat mich die Polizei schleunigst zum Arzt geschickt.
  4. Mit Hilfe von Ärzten in Frankfurt, Hannover, Karlsruhe und anderen Städten habe ich ganz allmählich wieder 90% meiner körperlichen Gesundheit wieder bekommen.
  5. Meine psychische Therapie zog sich mehrere Jahre hin. Mit verschiedenen Therapiemethoden ist es mir gelungen, 70% meiner psychischen Probleme zu bewältigen.
  6. Heute, 25 Jahre nach den Folterungen unter der Schahzeit, und 17 Jahre nach den Folterungen, die ich unter dem Chomeini-Regime erlitten habe, werde ich noch immer im Traum verhaftet, gefoltert und manchmal auch hingerichtet.
  7. Rennen ist für mich äußerst beschwerlich, ich habe ständige Rückenschmerzen, ebenso Schmerzen in den Beinen.
  8. Jedesmal, wenn ich im Traum verhaftet und gefoltert werde, habe ich danach tagelang, manchmal auch wochenlang Rückenschmerzen und benötige wieder eine psychotherapeutische und körperliche Behandlung.

Mit Rachegefühlen, mit dem Umbringen und der Unterdrückung der Gegenseite, mit der Folter, mit dem Prinzip „Auge um Auge“ lassen sich Konflikte unter Menschen niemals lösen. Statt die Mörder und Folterer umzubringen, ist es notwendig, das System zu ändern, das auf Mord und Folter aufbaut.

Ali Shirasi, 20.06.2003

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sw, 23.6.03